Die Verunsicherung der Absicherer wurde ganz besonders seit Anfang 1989 immer deutlicher. Im Januar jenes letzten DDR-Jahres spielten Die Vision, Tina Has Never Had A Teddybear und die anderen im „Palast der Republik“ zu den Tagen der Jugend. Was einerseits listig grinsend als Eroberung des Kulturtempels gefeiert wurde (auch der Expander, Herr Blum und AG Geige hatten den größten Lampenladen der Republik bespielt), galt vielen in der Szene als überflüssig und verräterisch.
Dass es sich hier eher um einen Phyrrussieg handelte, zeigte dann auch der Eklat beim Konzert von Tina… Einige auf die Bühne springende PogofreundInnen lösten eine Panik unter den Palast-Sicherheitsnadeln aus, was zu einem handfesten Gedränge on Stage und zur akustischen Unterbrechung des Konzertes führte (mit der ersten allgemeinen verunSICHERUNG vom Band). Der Beweis, dass der große Bruder noch immer kein Punk-Fan geworden war, konnte nicht besser geliefert werden. Die muffige Kulturprovinz hatte eh nicht vor, sich auch nur leicht zu öffnen. Die scharfen Kader aus Suhl und anderswo kläfften gegen Bands, wie PANKOW und schüchterten alle anderen sowieso nach Kräften ein.
…Also vielen Dank für Deine Veranstaltungstips. ABER: das mit dem Kellertheater in Magdeburg war wohl ’n voller Reinfall. Aber davon kannste ja nicht wissen. WER IN DER HAUPTSTADT WEISS SCHON was in den Randzonen los ist. … Aufhänger für meinen FRUST ist das jähe ENDE besagter Veranstaltungsreihe im Kellertheater auf dem Gelände der TU Magdeburg genau heute am Sonnabend. Ich komme nämlich gerade von draußen…und draußen war draußen vor dem KT. Bis jetzt war es dort Praxis, dass man auch als Nichtstudent reingekommen ist. Aber heute haben die Jungs voll hart durchgezogen…
Angela W., Magdeburg, 18.2.1989
Mit dem Tip, doch am 18.2. Magdeburg zu beehren und Rosengarten und Die Vision zu lauschen, begann die Sache so optimistisch. Aber sie endete dann ins Gegenteil driftend. Als ich vor dem Eingang zum KT ankam, war ein großes Rudel Fans davor versammelt. Wie man erfuhr, konnten nur Studenten dieser Uni das Gebäude betreten. Auf Weisung eines Rektors. Wegen der SICHERHEIT. … Woher wir eigentlich von der Veranstaltung Kenntnis hätten? Schon ein Mitarbeiter mußte gehen, wegen Reklame für diese Art Kultur. Damit war sicherlich nicht Lutz Schramm gemeint, den nun alle im Chor nannten. … Schließlich eine kleine drittklassige Kriminalodyssee. Drei Wagen der Polizei entstieg ein halbes Dutzend grüne Männchen mit Verstärkung durch einen Hilfspolizisten. Mit der Erwähnung eines Namens im Haus verschwindend und nach drei Minuten wiederkehrend, fuhren sie wieder davon.
Frank E, Stendal, Februar 1989
zum nächsten Kapitel: der Rest ist…