Was ansich für nichtberliner Gegenden normal war, wurde nach und nach auch für die Hauptstadt und ihre Medien wieder realer. Die Nervosität über zunehmende Ausreiselust und die Vorkommnisse in China ließen, wie wir heute wissen, die Partei und ihren Geheimdienst hurtig aktiv werden. Auf die kleinsten (und größere) Provokationen wurde wieder hart reagiert. Herbst in Peking lieferten mit Genuss den Grund für ein Verbot: sie solidarisierten sich auf einem großen FDJ-Konzert in Brandenburg (wo auch andere Bands, wie Berluc und Electra spielten, freilich ohne sich zu solidarisieren) mit der Demokratiebewegung in China. Mit Herbst in Peking wiederum solidarisierten sich andere Bands. Es wurden Resolutionen geschrieben und Konzerte für das „Neue Forum“ gegeben.
Gleichzeitig wurde beim Radio die Zensurschraube angezogen. Der Chefproduzent Walter Cikan musste sich vor der hohen Parteileitung für seine Arbeit mit den „anderen Bands“ rechtfertigen und gab diesen Druck nervös an seine Partner weiter. (Inzwischen arbeitete Olaf Tost von den anderen als freiberuflicher Produzent beim Rundfunk und nahm gemeinsam mit Gunter Krexx in dessen Studio diverse Kapellen auf. Unter anderen Die Vision, Tausend Tonnen Obst, Herbst in Peking, Big Savod & the Deep Manko) Es gab ein langes Hin und Her um den Song „Born in the GDR“ von Sandow, die gerade ihre erste LP produzierten. AMIGA jedenfalls wollte mit einem solchen Lied nichts zu tun haben. Bei DT64 durften keine Anti-Nazi-Songs gespielt werden, solange sie sich ausdrücklich mit Nazis aus der DDR befassten. Solidarisierungen mit der Resolution der Unterhaltungskünstler wurden argwöhnisch registriert. Eifrige Partei- und GwerekschaftsbonzInnen erhöhten den Druck immer mehr.
Und obwohl der 7.Oktober 1989 ein Samstag war, gab es kein PAROCKTIKUM. Eine Woche später begann die Sendung mit „Police on my back“ von Clash und „Helpless“ von Nick Cave. Es war allerdings noch immer nicht möglich ein Interview mit Reinhard Grahl von Big Savod zu senden, in dem er Pressepräsenz für das Neue Forum und andere neue politische Organisationen forderte.
Und als Ende September in der Werner-Seelenbinder-Halle Die Firma (die Band) Neues-Forum-T-Shirts trug, hatte das schon keine richtigen Folgen mehr. (Aus welchen Gründen auch immer)
Der Rest ist Geschichte.
Ich werde mich hüten, definitive Prognosen zu wagen. Aber in etwa könnte es Ende 1990 so aussehen: …. Der sächsische Rundfunk weigert sich, die Sendung PAROCKTIKUM vom sich gerade auflösenden Jugendradio zu übernehmen, so dass lediglich der Meklenburger und der Brandenburgische Sender auf ihren zweiten Programmen und natürlich der Berliner Rundfunk und Radio 100 mit der alteingesessenen Indie-Sendung weiter am Puls der Zeit sind. …. Aber das sind wirklich ganz undeutliche Visionen
PAROCKTIKUM, 30.12.1989
zum letzten Kapitel: Epilog und Nachtrag