Alle Beiträge von Lutz Schramm

Papierkrieg

Punk aus Frankfurt/Oder. Die Halbleiter-Stadt im tiefen Osten hatte jugendlichen Musikfreunden wenig zu bieten. Grund genug für einige, sich selbst zu betätigen. Papierkrieg war eine solche Freizeitbeschäftigung. Irgendwann im März 1989 erreichte mich eine Anfrage einer Fernstudentin der Kulturwissenschaften. Sie wollte ziemlich präzise Angaben über einen im Parocktikum gespielten Titel haben. Da ich damals relativ sensibel auf entsprechende Anfragen reagiert habe, fiel meine Antwort etwas zurückhaltend aus. Danach habe ich nichts mehr von ihr gehört. Den Briefwechsel kann man anhand der beiden folgenden PDFs nachlesen.

Edit 16.11.2015: Inzwischen hat sich Constanze Rehfeld bei mir gemeldet und mitgeteilt, dass es die Diplomarbeit wirklich gibt. Ihre Anfrage bei mir gehörte zu den ersten Recherchen. Schade, dass ich damals so paranoid war – vielleicht hätten wir uns noch ausführlicher über Papierkrieg und deren Musik austauschen können.

Den Song „Himmlischer Frieden“ habe ich nicht im Parocktikum gespielt – klarer Fall von Selbstzensur.

Orgasm Death Gimmick

Anfang der 90er sind in Ostberlin und anderen exDDR-Städten viele neue Bands entstanden. Die neuen Möglichkeiten, Unterstützung durch Freunde aus dem Westen und freier Zugriff auf bis dahin fast unerreichbare Ressourcen (in Form von Instrumenten, Verstärkern, Studios) ließen jede Menge interessante Projekte entstehen. Orgasm Death Gimmick war eine dieser Bands. Das Quartett nahm 1991 und 1993 zwei Tapes auf. Mein Lieblings-Track vom 93er Tape: Boom-Box.

Atominoes

Atomino war ein kleines Männchen, das den jungen Lesern der Frösi in den 60er Jahren die Welt erklärt hat. 1989 tauchten 3 Atominoes auf, die den damals nicht mehr ganz so jungen Zuhörern die Welt der Popmusik erklärten – in Form von ziemlich abgefahrenen Adaptationen mehr oder weniger bekannter Rock+Jazz-Klassiker. Dass sich hinter den Atominoes die männlichen Mitglieder der AG Geige verbargen ist inzwischen kein Geheimnis mehr.

Mr. Bishop

Im Parocktikum-Forum suchte Marcus nach psychedelischer DDR-Musik. Da er die Suche mit Krautrock überschreibt, hätte ich ihn eher auf Joco-Dev oder frühe Electra verwiesen. Seine Referenz auf die Ukrainische Szene der 8oer Jahre läßt mich aber eher vermuten, dass er sowas wie Mr. Bishop sucht.
Eine Band aus Potsdam, die um 1992 mit einigen Tapes die Öffentlichkeit suchte. Als Fan der frühen Pink Floyd habe ich sie sofort in mein Herz geschlossen und in zwei der letzten PRT-Sendungen gespielt.
Mehr Audios mit Mr. Bishop: http://www.parocktikum.de/archiv.php?suche=Bishop

Aufruhr zur Liebe

Lahnix freut und wundert sich, warum in dieser Woche so viele leckere Audios aus dem Parocktikum-Archiv sprudeln. In aller Stille habe ich die 20. Wiederkehr des Tages begangen, an dem die erste Parocktikum-Sendung lief. Und als Geburtstagsgeschenk gibt es diese Woche jeden Tag was feines.

Für Lahnix und seinen Sohn und ihre Gespräche über Musik in einer Diktatur (des Proletariats) erinnere ich hier mal an das denkwürdige Verfahren „Einstufung“. Jede Band musste, wenn sie offiziell auftreten wollte eine Spielerlaubnis haben, die je nach erlangter Stufe mehr oder weniger Gage pro Auftritt bedeutete. Irgendwann 1988 hatte ich das zweifelhafte Vergnügen einer Einstufungskommission anzugehören. Mein Bericht hat andere Mitglieder dieser Kommission damals etwas verstört.

Die Band Aufruhr zur Liebe hatte keine Einstufung. Dafür spielte Conny Bauer, prominenter Jazz-Posaunist, bei der Aufnahme ihres „Halt-mich-steil“-Tapes mit. Und Dieser Song lief in der zweiten Parocktikum-Sendung im April 1986.